Felix Hafner (he/him)
Regie // Schauspiel
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- Wien / Österreich
Prior Walter ist an AIDS erkrankt. Sein Partner Louis wendet sich von ihm ab und findet Zuflucht beim Anwalt Joe Pitt, der zwar mit seiner Frau Harper in strenger mormonischer Ehe lebt, aber mit Louis seine unterdrückte Homosexualität entdeckt. Der Anwalt Roy Cohn, machtbesessener Drahtzieher der New Yorker Republikaner und Joes Arbeitgeber, lässt sich von seinem Hausarzt lieber Leberkrebs diagnostizieren, als einzugestehen, dass er AIDS hat.
Tony Kushner verwebt diese drei scheinbar losen Handlungsstränge mit faszinierender psychologischer Präzision zu einem Sittengemälde der USA unter Ronald Reagan in den 1980er-Jahren. Mit schwarzem Humor und Tiefgang schildert er das Spezielle – und trifft dabei das Allgemeine. Seine „Schwulen Variationen über gesellschaftliche Themen“, so der ursprüngliche Untertitel, sind die Momentaufnahmen einer uralten Welt, die – wieder einmal – auf einen Nullpunkt zuschlingert. Die Köpfe und Körper der Menschen sind verseucht. Der Staat: bankrott. Die Religion: bankrott. Die Natur: bankrott. Was bleibt, ist hie und da eine lächerliche Liebe und vor allem eine respektable Restmenge Selbsterhaltungstrieb.
Die Jahrtausendwende naht, 1993 mit dem Pulitzer-Preis ausgezeichnet, bildet den ersten Teil des epochemachenden zweiteiligen Mammutwerks Engel in Amerika und gilt als Meilenstein der amerikanischen Theatergeschichte. Die Fernsehverfilmung mit Al Pacino, Meryl Streep und Emma Thompson wurde mit fünf Golden Globes ausgezeichnet. Jetzt ist das amerikanische Meisterwerk zum ersten Mal am Tiroler Landestheater zu erleben.
Die Inszenierung wirkt erschreckend heutig – und ist es wohl auch zum Teil: Begriffe wie „Whitesplaining“ gab es im Jahr 1986, in dem die Passage angesiedelt ist, noch nicht. Simon Olubowale lässt sie genüsslich in seinen erregten Konter einfließen. Abgesehen davon gibt es drei lupenreine Geschichtsstunden über die auslaufenden Reagan-Jahre zu erleben. […] Regie führt, zum dritten Mal in Innsbruck, Felix Hafner. Er war noch nicht geboren, als Kushner diesen Text schrieb, dennoch gefiele dem Autor seine Herangehensweise wohl: Minimalistisch wünscht er sich die Inszenierungen, mit Nebendarsteller:innen in wechselnden Rollen.
Um sich dem Mix aus Wirklichkeit und Wahn auf der Theaterbühne zu nähern, empfiehlt Kushner selbst für die Inszenierung Zurückhaltung. Diesem Tipp folgt auch Felix Hafner, der nach Königin der Berge in den Kammerspielen mit Engel in Amerika. Die Jahrtausendwende naht ins Große Haus wechselt. Hafner gibt Kushners erschreckender Bilanz auf mehreren Ebenen Platz. […] Elisabeth Weiß, die neben der Bühne auch für die einmaligen Kostüme zuständig ist, sorgt dafür, dass Treffen und Gespräche ein Strudel werden, der alles verschlingt.
Felix Hafner
Elisabeth Weiß
Clemens Wenger
Vasna Aguilar
Lisa Koller
Edith Hamberger
Hafner und sein künstlerisches Team interpretieren die Stimmung jener Zeit als rave-artigen einsamen Balanceakt, wobei die Figuren selbst in ihren Begegnungen fast immer in einer gewissen inneren Verlorenheit interagieren. Trotzdem gibt es auch echte Lichtgestalten, wie etwa Dragqueen und Krankenpfleger Belize. Kushners Stück ist jedenfalls ein drastischer Augenöffner – und grandios gespielt obendrein.